Jährlich steigen die Zahlen der Anträge auf berufliche Gleichwertigkeit in den Pflegeberufen. Diese nahmen im Jahr 2018 erneut den ersten Platz im Anerkennungs-Antrags-Ranking, mit 11.490 Anträgen, ein [1]. Hierbei unterscheiden sich die Zahlen hinsichtlich der Herkunftsländer der Fachkräfte jedoch erheblich. Anträge von Fachkräften aus dem europäischen Wirtschaftsraum zeigen seit 2015 eine eher sinkende Tendenz auf. Die Zahl der Anträge von Fachkräften, die aus den sogenannten Drittstaaten kommen, steigen dafür erheblich. Wurden 2015 nur 3.051 Anträge bei den Bezirksregierungen der deutschen Bundesländer eingereicht, waren es 2018 schon 10.590 gestellte Anträge. Die Antragszahlen werden voraussichtlich weiter steigen.
Die Rekrutierung von ausländischen Fachkräften ist notwendig, um den Pflegenotstand in Deutschland abzuschwächen.
Zur Linderung des deutschen Pflegenotstandes weist die Rekrutierung von ausländischen Fachkräften ein großes Potenzial auf [2]. Jedoch bindet vor allem die Einarbeitung, Integration und Anerkennung der ausländischen Fachkräfte personelle Ressourcen einer Einrichtung, die oftmals nicht vorhanden sind und ist mit enormen Kosten verbunden. Prof. Dr. Beate Blättner und Kollegen, der Hochschule Fulda, verfassten hierzu einen sehr interessanten Artikel, den wir Ihnen nicht vorenthalten möchten. Der Artikel kann bei Abschluss eines kostenloses Probeabo bei www.bund-verlag.de im Volltext gelesen werden.
42.600€ geschätzte Kosten pro zu integrierende Fachkraft.
Durch eine systematische Erhebung kamen Blättner und Kollegen zu dieser geschätzten Summe für die Rekrutierung und Integration einer ausländischen Fachkraft. Ob hierbei die hohen Vermittlungssummen, wie im letzten Blog-Eintrag berichtet, einberechnet wurden, können wir nicht beurteilen. Die Ausbildungskosten pro Auszubildenden liegen jedoch höher als die Integrationskosten.
Wer finanziert die Anerkennungs- und Integrationskosten aktuell?
Zum aktuellen Zeitpunkt sieht das Pflegeberufegesetz, wie auch schon das Krankenpflegegesetz, keine finanzielle Unterstützung für Pflegeeinrichtungen, die ausländische Pflegefachkräfte rekrutieren und integrieren (wollen) vor. Auch die Bundesregierung scheint die Notwendigkeit einer Refinanzierung aktuell nicht zu sehen. Somit liegt das finanzielle Risiko bei den integrierenden Pflegeeinrichtungen, obwohl alle deutsche Pflegeeinrichtungen einen potenziellen Nutzen dieser Fachkräfte haben. Prof. Dr. Beate Blättner und Kollegen fordern, dass die entstehenden Kosten für Rekrutierungs- und Integrationsmaßnahmen, analog der Ausbildungsfinanzierung über den sogenannten Ausbildungsfonds geregelt wird.
Was ist der Ausbildungsfond und wie funktioniert dieser?
Mit Inkraft treten des Pflegeberufegesetzes wurde die Finanzierung der Ausbildung solidarisch, in der Ausbildungsfinanzierungsverordnung, geregelt. Das bedeutet, das alle Pflegeinrichtungen sowie das Land und die Sozialversicherungen in einen “Topf” eine bestimmte Geldsumme einzahlen. Diejenigen Einrichtungen, die dann tatsächlich Pflegefachmänner und -frauen ausbilden, erhalten Gelder aus diesem “Topf”. Somit zahlen alle ein und alle profitieren am Ende von den ausgebildeten Fachkräften.
Warum wird die Anerkennung nicht genauso finanzieren?
Die Finanzierung der Rekrutierung, Integration und Anerkennung ausländische Pflegefachkräfte könnte doch genauso finanziert werden. Somit läge das Risiko für die Kosten nicht mehr auf den Schultern einer Pflegeeinrichtung, sondern vielmehr auf allen Pflegeeinrichtungen verteilt. Wenn eine ausländische Fachkraft nach abgeschlossener Anerkennung in eine andere Einrichtung wechselt, hat sie sich an den Kosten beteiligt und profitiert vom Engagement der zuvor integrierenden Einrichtung.
Hohe Fluktuation wenn Defizite einseitig gesehen werden!
Die Fluktuation von ausländischen Fachkräften ist dann besonders hoch, wenn die Defizite nur einseitig, bei der zu integrierenden Pflegefachkraft, gesehen werden. Warum nutzen wir nicht die vorhandenen Kompetenzen der Kollegen? Einiges können wir uns durchaus abschauen!
Welche Unterstützungsmöglichkeiten zur Integration bietet der Bund?
Die Bundesregierung unterstützt Einrichtungen durch Anwerbeabkommen mit Ländern, in denen es zu viele Pflegefachkräfte gibt. Weiterhin hat die Bundesregierung verschiedene Institutionen gegründet, die bei der Rekrutierung im Ausland (Tripple Win – ein Service der Agentur für Arbeit) und der Aufbereitung der Antragsunterlagen (Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe) unterstützt. Dies ist jedoch ebenfalls kostenpflichtig. Es gibt keine Förderungsmöglichkeiten. Somit wären wir wieder bei der Frage der notwendigen Refinanzierung.
Die Schlussfolgerung ist:
Die Rekrutierung und Integration von ausländischen Fachkräften ist für die integriernde Pflegeeinrichtungen mit erheblichen Kosten und Risiken verbunden. Alle deutschen Pflegeeinrichtungen profitieren jedoch von den durchgeführten Maßnahmen, wenn ausländische Kollegen ihre berufliche Gleichwertigkeit erreicht haben.
Weiterhin ist die Integration von ausländischen Fachkräften keine „Einbahnstraße“, bei der lediglich die ausländischen Kollegen Defizite aufweisen. Vielmehr sollte Integration als Win-win-Situation gesehen werden, denn die deutsche Pflege kann vieles von ausländischen Kollegen lernen. Wie dies funktionieren kann, erklären wir gerne in weiteren Blog-Artikeln oder Sie nehmen Kontakt mit uns auf!
[1] Bundesministerium für Bildung und Forschung. Bericht zum Anerkennungsgesetz 2019
[2] Blättner, Beate; et al. Wer trägt die Kosten für die Integration?
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